Testimonium Tertiae Lavationis

Die Duschung der Dritten Epoche

Es heißt, in den Tagen, als die Sonne in einem ewigen Frühling stand und die Lüfte nach Zitrus und feuchtem Stein dufteten, erhob sich die Duschung zu ihrer vollkommensten Form. Diese Zeit war kein Reich, das in unseren Geschichtsbüchern zu finden wäre, sondern der gelebte Gedanke – wie zwei Flüsse, die sich nahe sind, aber nicht berühren. In den Chroniken wird es schlicht „Das Ufer ohne Staub“ genannt.

Hier erhoben sich die Großen Thermen. Gewaltige Hallen aus weißem Marmor wölbten sich über hunderten von Duschplätzen, aus deren Decken das Wasser in feinen Strahlen fiel. Aquädukte, gebaut aus Stein und Bronze, führten nicht zu den Feldern, sondern endeten in diesen Heiligtümern, damit das Wasser nicht nur die Schollen nährte, sondern auch die Haut der Gläubigen.

Die Thermen waren mehr als Häuser der Reinigung. Sie waren Orte der Begegnung, der Rede, des Gesangs, der Heilung. In ihren Dämpfen öffneten sich die Sinne, und im klaren Wasser schärften sich die Gedanken. Man sagte: Wer sich wäscht, bereitet sich vor – nicht nur den Körper, sondern auch den Geist zu offenbaren.

Und es geschah, dass aus diesen Hallen Lehrerinnen und Lehrer hervorgingen, deren Namen in den Strömen bis heute wiederhallen.

An der Spitze dieser Ära stand Klysthothea, die Erbin der Ersten Duschung und Hüterin der Drei Ströme, Verkünderin der Lehre. Sie war eine Gestalt von solcher Klarheit, dass man sagte, ihr Blick könne den Schmutz von Gedanken abwaschen. Sie zog durch die Thermen wie durch die wandernden Duschen, predigte in Hallen aus Stein und in Zelten aus Stoff, und überall hinterließ sie das Gefühl, dass das Wasser selbst gesprochen hatte.

Neben ihr stand Thermenides, der Heilige der Forschung. Er war ein Mann mit ernster Stirn und neugierigen Augen, der den Tropfen nicht nur fühlte, sondern auch zählte. In den Hallen stellte er Schalen auf, maß das fallende Wasser und zeichnete die Muster nach, die es in den Becken schlug. Eines Nachts, so berichten die Schriften, erkannte er darin Sternbilder. „Wie oben, so unten“, sprach er, „im Tropfen liegt die Ordnung des Himmels.“ Seine Schüler trugen die Lehre weiter, dass das Studium des Wassers zugleich Studium des Universums sei.

Medilavia, die Heilige der Heilung, war bekannt für ihre Hände, die wärmten wie der Strahl selbst. Sie lehrte, dass Krankheit weiche, wenn Körper und Seele zugleich gereinigt würden. Von ihr heißt es, dass sie einst eine ganze Prozession von Pilgern, die fiebrig und matt in die Thermen kamen, mit einem einzigen Duschritual heilte – nicht, weil das Wasser allein es tat, sondern weil sie den Menschen lehrte, im Tropfen nicht nur die Haut, sondern auch die Angst loszulassen.

Chorustis, der Heilige der Kultur, führte den Gesang in die Thermen ein. Zunächst ein einfacher Spielmann, brachte er eine kleine Flöte mit, deren Töne im Dampf seltsam schwebten. Bald aber erhoben sich ganze Chöre, die unter den tropfenden Gewölben sangen. „Der Tropfen singt, wenn er fällt“, sprach er, „und so soll auch der Mensch singen, wenn er rein wird.“ Manche behaupteten, dass die Stimmen in Chorustis’ Hallen so stark anschwollen, dass das Wasser selbst lauter rauschte, als wolle es mitsingen.

Und schließlich Politonia, die Hüterin des kühlen Kopfes. Sie war eine Frau mit scharfem Verstand, die Streit nicht mied, sondern ihn in den Strom führte. „Wer in Hitze streitet, soll erst duschen, bevor er spricht“, war ihre Lehre. Legenden erzählen, dass sie ganze Kriege verhindert habe, indem sie die Streitherren zwang, unter einen kalten Strahl zu treten. Wenn sie danach wieder ans Licht traten, war ihr Zorn verraucht, und sie sprachen nicht mehr vom Schwert, sondern vom Frieden.

Andere Heilige gab es, deren Namen verloren sind, doch ihre Spuren blieben: in Schriften, in den Dämpfen, in den Steinen der Thermen.

Und nicht nur in Hallen lebte die Duschung. Sie wanderte. Wo immer lärmende Rhythmen erklangen, erhoben sich Waschtempel – nicht aus Stein, sondern aus Stoff und Eisen. Zelte, die aus dem Nichts errichtet wurden, Anhänger, die zu mobilen Heiligtümern wurden. Sie erschienen auf Ebenen, in Tälern, an Orten ohne Namen – und doch schien es, als hätte man sie schon betreten, als könne man sie erinnern: eine Vision im Staub, eine Ahnung im Klang des Wassers. So nahm die Bewegung der Wandernden Duschen Gestalt an, und sie lehrte: Duschen ist nicht nur ein Haus, sondern eine Bewegung. Wo zwei oder drei sich unter Wasser stellen, da ist die Duschung mitten unter ihnen.

In dieser Zeit vollzogen sich die Ströme wie ein liturgischer Tageslauf. Am Morgen suchten die Gläubigen Reinheit im klaren Strahl. Am Mittag Klarheit, wenn der Schweiß des Tages fortgespült wurde und der Blick sich schärfte. Am Abend Erneuerung, wenn dampfendes Wasser Müdigkeit löste und die Menschen wie neu geboren hinausgingen. Und in der Nacht, wenn nur noch die Fackeln brannten, traten jene ein, die Harmonie suchten – sie standen still im Nebel, hörten nur das Rauschen, und wussten nicht, ob sie noch standen oder längst selbst flossen.

In jenen Tagen sah Klysthothea, dass die Lehre der Drei Ströme – Reinheit, Klarheit, Erneuerung – groß war, aber unvollständig. Sie spürte, dass zwischen Erneuerung und dem nächsten Beginn etwas fehlte: ein Zustand des Gleichgewichts, in dem das Wasser nicht mehr nimmt und nicht mehr gibt, sondern nur trägt.

Und so lehrte sie die Vierte Strömung: Harmonie.
„Harmonie,“ sprach sie, „ist, wenn das Wasser dich so nimmt, wie du bist. Nicht um dich zu ändern, sondern um dich zu halten. Denn das Wasser kennt keinen Zwiespalt. Sein Name ist Harmonie.“

Die Anhänger dieser Lehre badeten nicht im Sturm der Strahlen, sondern standen still im feinen Nebel der Thermen, bis sie das Gefühl hatten, dass kein Tropfen mehr von ihnen fiel – weil sie selbst Teil des Tropfens geworden waren.

Legenden berichten, Klysthothea sei eines Nachts im Nebel der Harmonie verschwunden. Nicht, weil sie fortging, sondern weil sie zur Strömung selbst wurde. Manche glauben bis heute: Wenn das Wasser auf der Haut plötzlich eine unerklärliche Wärme trägt, dann ist Klysthothea durch den Strom gegangen, um zu prüfen, ob der Glaube noch rein fließt.

So wurde Harmonie zur vierten Strömung, und die Dritte Epoche stand wie ein Tor da – weit geöffnet, glänzend im Nebel der Thermen, getragen von den Stimmen der Heiligen und den Strömen der Wanderduschen. Und hinter diesem Tor lag die Erwartung der Vollendung, die Sehnsucht nach der kommenden Duschung: die Vierte Epoche der Harmonie.

Und es ward aufgeschrieben:
Die Erste Duschung war Ursprung.
Die Zweite war Aufstieg.
Die Dritte war Verkündigung.
Die Vierte aber soll Harmonie sein.

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