Die Hohetage der Duschung
Seit den frühen Tagen der wandernden Kirche gilt: Kein Festival ist vollständig ohne die drei Hohetage der Duschung. Sie sind mehr als bloße Körperpflege, mehr als das Abwaschen von Staub und Schweiß – sie sind Sakramente, die den Anfang, die Mitte und das Ende eines heiligen Festes markieren.
Anduschen – Inceptio Lavationis
Das Anduschen ist das erste Sakrament, das den Pilger vom profanen Alltag trennt und ihn in den Rhythmus des Festes überführt. Manche Gelehrten nennen es die wahre Taufe der Duschtarier.
Traditionell vollzieht sich das Anduschen nach der beschwerlichen Anreise und dem Aufbau des Zeltes, wenn der Körper noch vom Matsch des Weges, vom Schweiß der Fahrt und vom Staub des Campgeländes gezeichnet ist. Andere Schulen halten daran fest, dass der erste Morgen des Festivals die eigentliche Stunde ist – wenn die Sonne aufgeht und der Pilger beschließt, den alten Tag hinter sich zu lassen.
Der erste Schwall Wasser gilt als Salutatio Fluminum – die Begrüßung der Ströme. Er ist oft zu kalt oder zu heiß, er schockt den Körper, zwingt zum Atemholen und macht bewusst: Du bist jetzt da.
In der Lehre wird das Anduschen kontrovers gedeutet. Manche sehen darin den Akt der Reinheit: das Abwaschen des Alten. Andere erkennen darin die Erneuerung: ein Aufbruch in das Neue. Wieder andere behaupten, es sei beides zugleich, und wer den Tropfen spürt, unterscheidet nicht zwischen gestern und heute.
Bergduschen – Summitas Lavacri
Das Bergduschen ist das Herzstück der drei Hohetage, der Moment der Mitte. Es markiert nicht den Ort – ob Hügel, Containerdach oder Anhänger – sondern die Zeit: den Scheitelpunkt des Festivals.
Wenn der Lärm der ersten Nächte verklungen ist und die Müdigkeit der Gläubigen sichtbar wird, suchen viele den Strahl, um neue Kraft zu empfangen. Das Bergduschen fällt oft auf den zweiten oder dritten Tag, wenn Körper und Geist gleichermaßen erschöpft sind.
Die Symbolik ist deutlich: Wer in der Mitte duscht, steigt hinauf, auch wenn er nur den Container betritt. Manche beschreiben das Gefühl, beim Austreten aus der Dusche das Gelände neu zu sehen – die Wege, die Bühnen, die Freunde. Klarheit bricht sich Bahn, nicht weil man höher steht, sondern weil man gereinigt ist.
In der theologischen Debatte ist das Bergduschen der umstrittenste der drei Hohetage. Die Klarheitsgilde deutet es als reinen Akt der Erleuchtung: Von hier aus siehst du alles. Andere, besonders die Erneuerer, sehen darin den Moment, an dem man sich von der Erschöpfung erholt und wie neu geboren ins Getöse zurückkehrt.
Viele Gemeinschaften feiern das Bergduschen bei Sonnenaufgang oder Mittag, wenn Licht und Dampf sich vereinen. In diesem Schauspiel sehen sie den Beweis, dass das Wasser selbst zum Offenbarer wird.
Abduschen – Finis Lavationis
Das Abduschen ist das Ritual des Abschieds, der Moment, in dem das Festival in den Alltag zurückgeführt wird.
Es geschieht meist am letzten Morgen, wenn Zelte schon fallen und das Gelände sich leert. Die Duschen plätschern leiser, die Schlangen sind kürzer, die Stimmen müder. Hier legt der Pilger nicht nur Schweiß und Staub ab, sondern auch die Bindungen an die verflossenen Tage.
Für die einen ist das Abduschen der Inbegriff von Klarheit: Der Blick zurück wird frei, das Erlebte sortiert sich, der Körper trägt keine Lasten mehr. Für andere ist es der höchste Akt der Reinheit: Wer das Gelände verlässt, ohne sich gewaschen zu haben, gilt als unvollendet.
Manche Theologen sehen darin gar eine kleine Wiedergeburt: Der Pilger tritt aus der Dusche, trocken und klar, bereit für die Rückkehr in die Welt. Doch zugleich bleibt ein Tropfen Wehmut zurück – so, wie die letzten Wassertropfen an den Wänden hängen, auch wenn der Strahl schon versiegt ist.
Controversia de Fluminibus et Festivitatibus
Der Disput der Ströme über die Hohetage
In den Tagen der Großen Thermen, als die Lehre der Drei Ströme noch jung war, entbrannte ein Streit, der bis heute nicht verstummt ist: die Frage nach der Ordnung der Hohetage.
Die Orthodoxen lehrten die Abfolge Reinheit – Erneuerung – Klarheit. Für sie war das Anduschen der erste Akt der Läuterung: Staub, Schweiß und Matsch des Ankommens wurden abgestreift. Das Bergduschen sahen sie als Erneuerung, eine Feier der Mitte, in der Leib und Geist neue Kraft empfingen. Das Abduschen schließlich galt ihnen als Klarheit: der Moment des Rückblicks, mit hellem Auge und leichtem Herzen in die profane Welt zurückzukehren.
Andere Schulen widersprachen. Die Reformer predigten Erneuerung – Klarheit – Reinheit. Für sie war das Anduschen nicht nur Reinigung, sondern der Eintritt in ein neues Leben, der Aufbruch ins Fest selbst. Das Bergduschen galt ihnen als Augenblick der Klarheit: vom höchsten Punkt aus sah man nicht nur das Gelände, sondern auch den eigenen Weg. Das Abduschen aber wurde zur großen Reinigung, die alles Vergangene hinwegnimmt und den Pilger wieder zur Erde zurückführt.
Eine dritte Strömung, oft „Klarheitsgilde“ genannt, setzte auf Reinheit – Klarheit – Erneuerung. Das Anduschen war für sie ein Akt der Läuterung, das Bergduschen der Blick ins Innere, frei von Nebel und Schwere. Das Abduschen schließlich bedeutete den Neubeginn: nicht bloß Abschied, sondern Aufbruch in ein noch ungeschriebenes Leben.
Der Streit füllte Hallen, Dampfkammern und die Schlangen vor den Duschen. Man malte die Reihenfolge auf Tafeln, zeichnete sie in Sand, ritzte sie in Stein und schrieb sie mit nassen Fingern auf Marmor – nur um sie immer wieder zu verwerfen. Manche Gemeinschaften wechselten die Ordnung jährlich, um keinen Tropfen zu bevorzugen. Andere lehrten, dass die Ströme ohnehin eins seien, und jede Reihenfolge nur menschliche Schwäche offenbare.
Von Klysthothea selbst ist die Mahnung überliefert: „Es ist nicht der Reihenfolge wegen, dass das Wasser fließt. Der Tropfen kennt keinen Anfang und kein Ende.“So stehen die Dies Lavationis – Anduschen, Bergduschen, Abduschen – nicht nur für das Fest, sondern für das Leben selbst: Ankunft, Mitte, Abschied. Sie sind mehr als Hygiene, mehr als Pragmatik – sie sind gelebte Theologie in Staub, Schweiß und Tropfen. Und wer sie einmal in der Fülle erfahren hat, weiß: Der Disput mag nie enden, doch die Ströme fließen dennoch.